Projekt Berlin 2003 Folge 3

von Darren Grundorf

erschienen in Kommunikaze 4, Mai 2003

Das schöne am Laufen, so sagen es die Leute, die regelmäßig laufen gehen, ist, dass es das Wohlbefinden steigert, dass man durch das Laufen Stress abbaut und sich entspannt und der ganze Kram. Ganz wichtig ist auch, dass man sich biologisch jung hält und ewig lebt und so. Die Rechnung ist ganz einfach und geht so: Das Herz schlägt ungefähr 75-mal pro Minute, also 40-millionenmal im Jahr. Wenn man aber regelmäßig läuft, geht der Ruhepuls auf ungefähr 55 Schläge pro Minute zurück. Also spart das Herz im Jahr rund 10 Millionen Schläge, und dann ist der Verschleiß nicht so groß, und man lebt länger. Das versuche ich mir immer einzureden, wenn ich mich auf den Marathon zu Berlin vorbereite.

Noch 20 Wochen sind es bis dahin, und obwohl wir diesen Marathon eigentlich nur laufen wollten, damit wir für das Heft etwas haben, worüber wir berichten können, sind wir immer noch bemüht, am 28. September die 42,195 Kilometer durchzulaufen. Um nicht schon auf den ersten Metern auf den Berliner Straßen liegen zu bleiben, habe ich mir dieses Buch von Hubert Steffny und Ulrich Pramann gekauft, wo diese durchtrainierte Frau in dem roten Badeanzug drauf ist, die lachend an irgendeinem Strand entlang läuft und sich womöglich freut, weil sie gerade ihr Wohlbefinden steigert, und weil ihr Herz im Jahr 10 millionenmal weniger schlägt als das eines nichtlaufenden Menschen. Ich laufe fast nie im Badeanzug und auch nicht am Strand, sondern im Trainingsanzug und auf der Laufbahn in der Dodesheide.

Vierzig Mal, so der Trainingsplan von Pramann und Steffny, muss ich zehn Wochen lang trainieren, um mich auf einen Marathon vorzubereiten. Trainingstage sind Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag, und ehrlich gesagt wüsste ich auch nicht, was ich sonst an einem Sonntag Nachmittag anderes tun sollte, als Strecken von 22, 25 oder 30 Kilometern zu Fuß zu laufen. Das große Problem hierbei sind die nichtvorhandenen  Verpflegungsstationen. Freunde und Familie haben es abgelehnt mit dem Wagen hinterherzufahren und mir Getränke, Obst oder auch mal einen Kinderriegel zu reichen. Bleiben also die Laufbahnen. Zehn Kilometer auf der Laufbahn sind 25 Runden, und ungefähr ab der zweiten Runde wird es langweilig, und für den Tag, an dem ich 30 Kilometer laufen soll, muss ich mir wohl noch etwas anderes einfallen lassen.

Aber das wird schon, und außerdem steigert sich ja dadurch auch mein Wohlbefinden, und ich bleibe ewig jung und werde bestimmt 104 und so, weil mein Herz nicht so oft schlägt wie sonst.