erschienen in Kommunikaze 19, Juni 2006
Eigentlich war es schon so, als ich klein war. Beim Fünf-Freunde-Spielen im Wald hinterm Kindergarten war ich George, nicht die süße, blonde Anne; und es hat mir auch nie ein kleiner Junge mit verschmierten Schokoladenfingerchen einen Schmatzer auf die Wange gedrückt, wie man das aus der Fernsehwerbung für Schokoriegel oder Werther´s Echte kennt. Mich hat der kleine Junge von der Wippe geschubst und mir dann kumpelhaft auf die Schulter geklopft.
Auch heute lasse ich mich noch von der Wippe schubsen. Ich darf so lange wippen, bis das Pony-Mädchen kommt. Es hat jeden Tag eine andere Frisur, mit rosa Spängchen. Vielleicht hilft Mama ihm noch dabei. Also, wenn das Pony-Mädchen kommt mit Wendy im Täschchen und Luftballons in der Hand, dann ist Schluss mit Wippen. Zumindest für mich. Gespräche über die derzeitige Situation auf dem Spielplatz, einer Initiative für mehr Sand im Sandkasten oder die doofen Kinder aus der anderen Gruppe werden verschoben. Vergessen hat er, dass er meine Hand hielt. Denn nun darf das Pony-Mädchen wippen. Und der Pony-Mädchen-Club kichert hinterm Busch. Ach wie schön! Das Pony-Mädchen klimpert mit den Wimpern. Alle Pony-Mädchen freuen sich ihres Lebens. – Das kann er doch nicht toll finden? Das kann er doch nicht toll finden?